PFAHLBAUWEG – Akustische Informationen

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Immer wenn Sie entlang vom Pfahlbauweg von der Agerbrücke bis zu den Einbäumen beim Freibad dieses Symbol sehen, können Sie den QR-Code einscannen und akustische Informationen zu diesem Objekt abrufen.

Allgemeine Informationen zum Pfahlbau:

gesprochen von Michael Heltau:

Pfahlbaugarten: gesprochen von Biogärtner Karl Ploberger.
Allgemeine Informationen

Unterstes Beet

Mittleres Beet

Oberstes Beet

Steinbohrer – Funktionsmodell: gesprochen von Günther Hartl

Einbäume: gesprochen von Günther Hartl

Der Goldschatz von Bernstorf

Ein Bericht von Hartmut Rüf
Im August 1998 berichteten die Zeitungen in Bayern, im kleinen Ort Bernstorf bei Freising hätten zwei Hobbyarchäologen im Bereich einer bronzezeitlichen Siedlung einen Goldschatz gefunden. Unter einer Wurzel eines umgestürzten Baumes versteckt fanden sich ein Ensemble aus verzierten Goldblechen, eine Art Diadem, Teile eines Gürtels, Anhänger, eine Nadel und ein mit Goldblech umwickeltes Zepter, alles in einer Lehmhülle.
Im Jahr 2000 wurden die zwei Hobbyarchäologen wieder fündig, diesmal mit Bernsteinamuletten, das eine mit einer Gesichtsdarstellung ähnlich einer im griechischen Mykene gefundenen Goldmaske, die als Totenmaske des Agamemnon bekannt ist. Am anderen sind Schriftzeichen in Linear B eingraviert, der Schrift des bronzezeitlichen Kreta.
Bereits früh wurde man mit Werten von 99% auf unüblich hohe Goldgehalte der Goldbleche aufmerksam. Der Archäologe Rüdiger Krause, Professor für Vor- und Frühgeschichte an der Uni Frankfurt, der Nachgrabungen durchführte, sowie Rupert Gebhard, Leiter der Archäologischen Staatssammlung München,
argumentierten mit einer Herkunft des Goldes aus Ägypten auf Grund der Ähnlichkeit der Zusammensetzung mit dem Gold der Sargwanne des Pharaos Echnaton.
Schlagzeilen, die die Medien gerne aufnahmen, konnte man nun doch den Fundort als das Troja Bayerns und Bayern als die Drehscheibe zwischen der Nordsee und Ägypten bezeichnen.
Der angenommenen Bedeutung der Funde wurde im Jahre 2014 mit der Errichtung des Bronzezeit Bayern Museums Rechnung getragen.
Das Hochgefühl wurde jedoch stark gedämpft mit dem Bekanntwerden einer Untersuchung der Goldproben im Labor des ausgewiesenen Spezialisten für Analysen prähistorischer Metallfunde, Prof. Ernst Pernicka. Pernicka fand mit neuen Analysenmethoden nun bei den Proben von Bernstorf einen Goldgehalt von 99,99%. Dieser Wert entspricht der Zusammensetzung modernen mittels Elektrolyse erzeugten Goldes. Die Resultate wurden später bei einer Schiedsanalyse bei der deutschen Materialprüfanstalt in Berlin bestätigt.
Im Vergleich dazu ist natürliches Gold immer mit etwa 5-25% Silber und Kupfer vergesellschaftet, der Edelmetallgehalt der Goldapplikationen der bronzezeitlichen Himmelsscheibe von Nebra liegt z.B. zwischen 80% und 87%. Der Goldgehalt der Berntorffunde liegt somit dramatisch über den für Funde aus der Bronzezeit zu erwartenden Werten.
Gebhard und Krause argumentieren, das Gold wäre mit einem Prozess, genannt Zementation, auf diese extremen Goldgehalte aufgereinigt worden,
es stellt sich jedoch die Frage, warum die bronzezeitlichen Handwerker dies hätten tun sollen. Der Sinn einer derartigen Vorgangsweise wäre nicht nachvollziehbar, die Farbe, Härte und Verarbeitbarkeit von 99%igem Gold ist dieselbe wie bei einem Reinheitsgrad von 99,9% oder gar 99,99%, Unterschiede sind ohne chemische Analyse überhaupt nicht zu erkennen. Es ist daher nicht sehr plausibel, dass in prähistorischen Gesellschaften dieser Aufwand betrieben worden wäre, abgesehen davon, dass bei der Reinigung Gold verloren geht.
Als wäre dieses Argument nicht schon eine „rauchende Pistole“ genug, gibt es noch eine Reihe anderer Ungereimtheiten. So wurden die Goldbleche nach einer Technik hergestellt, die erst im 15.Jahrhundert erfunden wurde, sowie verzahnt mit den Folien wurde eine Fichtennadel jüngster Provenienz gefunden.
Die Mehrheit der Wissenschafter hält das Ensemble aus Goldblechen und Bernsteinobjekten für eine Fälschung. Nichtsdestotrotz blieben Gebhard und Krause bei ihrem Standpunkt und veranstalteten zur Bestätigung ihrer Beurteilung der Funde einen Kongress. Eingeladen als Vortragende wurden jedoch nur Referenten, die die Meinung der Befürworter teilten. Im Tagungsband war dabei für den Vortrag einer Dame, die leise Kritik übte, leider kein Platz mehr.
In der Folge gab es unfreundliches Hin und Her mit Retourkutschen für Kritiker (auf einen Artikel von Prof. Dr. Meller hin, dem Leiter des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle und Hüter der Himmelsscheibe von Nebra, wurde die Datierung dieser in die Bronzezeit in Zweifel gezogen)
Zuletzt hat leider das Niveau der Diskussion seitens der Befürworter ein unterirdisches Niveau angenommen.
Es ist wohl bei Berücksichtigung des finanziellen Aufwandes (Errichtung des Museums um 600.000 €), sowie der wissenschaftlichen Reputation der beteiligten Personen die Aussage zulässig: „Too big to fail“.

Verwendete Literatur (chronologisch geordnet):
Rupert Gebhard: Der Goldfund von Bernstorf, Bayerische Vorgeschichtsblätter 64, 1999, S. 1-18. Tafel 1-8
Rupert Gebhard und Karl Heinz Rieder: Zwei bronzezeitliche Bernsteinobjekte mit Bild- und Schriftzeichen aus Bernstorf (Lkr. Freising) GERMANIA 80, 2OO2, S. 115-133
Ernst Pernicka: Zur Frage der Echtheit der Bernstorfer Goldfunde, in Tagungen des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle, Band 11/I 2014 Metalle der Macht – Frühes Gold und Silber, S. 247-56

Ernst Pernicka: Echt oder falsch? Ein Zwischenstand zum Disput um die Funde von Bernstorf, Archäologie in Deutschland 32, 2016, S. 62-65

Rupert Gebhard, Rüdiger Krause: Bernstorf. Archäologisch naturwissenschaftliche Analysen der Gold- und Bernsteinfunde, Frankfurter Archäologische Schriften, Verlag Dr. Rudolf Habelt 2016
Philip Ball: Old Gold – Or New? Nature Materials Vol.16 February 2017, S. 159
Ernst Pernicka, Chr.-Heinrich Wunderlich: Rezensionen, Rupert Gebhard und Rüdiger Krause: Bernstorf. Archäologisch-naturwissenschaftliche Analysen der Gold- und Bernsteinfunde vom Bernstorfer Berg bei Kranzberg, Oberbayern, Praehistorische Zeitschrift; 2017; 92(2): S. 428–462
Gregor Borg und Ernst Pernicka: Goldene Zeiten? – Europäische Goldvorkommen und ihr Bezug zur Himmelsscheibe von Nebra, Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte / Band 96 / 2017, S. 111-138
Kate Verkooijen: Report and Catalogue of the Amber found at Bernstorf, near Kranzberg, Freising district, Bavaria, Germany Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte / Band 96 / 2017, S. 139-230
Alfred Reichenberger: Rupert Gebhard u. Rüdiger Krause: Bernstorf. Archäologisch-naturwissenschaftliche Analysen der Gold- und Bernsteinfunde vom Bernstorfer Berg bei Kranzberg, Oberbayern, Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte / Band 96 / 2017, S. 543-550
Ernst Pernicka: Science versus Archaeology? The Case of the Bernstorf Fakes. Metalla Nr. 24.2 / 2018, S. 73–80
Friedrich E. Wagner, Rupert Gebhard, Weimin Gan, Michael Hofmann: The metallurgical texture of gold artefacts found at the Bronze Age rampart of Bernstorf (Bavaria) studied by neutron diffraction, Journal of Archaeological Science: Reports 20 (2018), S. 338-346

Rüdiger Krause, Rupert Gebhard: Das Narrativ von Bernstorf: Wissenschaftliches und Postfaktisches zu den Gold- und Bernsteinfunden, 2019, Archäologische Informationen, im Druck für Jahrgang 42, 2019
Daniel Berger, Michael Brauns, Gerhard Brügmann, Ernst Pernicka, Nicole Lockhoff: Revealing ancient gold parting with silver and copper isotopes: implications from cementation experiments and for the analysis of gold artefacts, Archaeological and Anthropological Sciences (2021) 13, 143
Richard Fuchs: Archäometrie – Wie Naturwissenschaftler
Geschichtsfälschungen aufspüren, SWR2, Sendung 12.10. 2022, 8.30 Uhr

https://bronzezeit-bayern-museum.de/de/museum/das-museum

David Wengrow und David Graeber „Anfänge“

Ein Bericht von Hartmut Rüf
Im Jänner 2022 erschien die deutsche Übersetzung des amerikanischen Buches „The dawn of everything“ mit dem Titel „Anfänge, eine neue Geschichte der Menschheit“. Die Autoren sind der Archäologe David Wengrow und der Anthropologe David Graeber, der kurz nach Fertigstellung des Buches verstorben ist.
Das Buch liefert einen wesentlichen Beitrag zu den Debatten über die Ursprünge des Staates, des Privateigentums und der Ungleichheit. Eine überwältigende Zusammenschau archäologischer und anthropologischer Daten von der Prähistorik bis zu Erkenntnissen über indigene Völker zur Zeit, als sie erstmals mit Weißen in Berührung kamen, zeigt, dass die Entwicklung der Menschheit längst nicht linear und zwangsläufig zu Privateigentum und staatlichen Strukturen führen musste, wie es das Standardmodell kultureller Entwicklung des Menschen beschreibt.
Der tatsächliche Verlauf jedoch war viel vielfältiger als in der klassischen Geschichtsschreibung angenommen, vorgeschichtliche Gesellschaften wiesen vielmehr hinsichtlich ihres politischen Systems und ihrer wirtschaftlichen Produktionsweise eine ungeheure Komplexität auf. Selbst nebeneinander wohnende Gesellschaften, die sich gegenseitig sicher gut kannten, konnten völlig konträre Gesellschaftsformen haben, eine Jäger- und Sammler-gesellschaft neben einer Landwirtschaft betreibenden Gesellschaft, eine egalitäre Gesellschaft neben einer stark hierarchisierten.
Bisherige Annahmen gingen davon aus, nur hierarchische Strukturen, die mit dem Aufkommen der Landwirtschaft entstanden, seien zur Organisation von kollektiven Kulturleistungen fähig. Diese Annahmen wurden jedoch durch die Ausgrabungen von Göbekli Tepe eindrucksvoll widerlegt. Die großartigen künstlerischen Zeugnisse in Form von meterhohen, mit Tier- und Menschendarstellungen dekorierten Pfeilern gehen bis auf das 10. Jahrtausend v.Chr. zurück und sind eindeutig Jägern und Sammlern zuzuordnen.
Der als neolithische Revolution bekannte und als endgültig und unumkehrbar angesehene Übergang zur Landwirtschaft scheint zumindest in Vorderasien, im Zweistromland keine Revolution gewesen zu sein. Eher dürfte ein jahrtausendelanger Prozess mit Experimenten mit Gräsern und Knollen vorangegangen sein, wobei Gartenbau und Jagd/Sammeltätigkeit die längste Zeit parallel liefen und die landwirtschaftliche Tätigkeit zeitweise wieder aufgegeben wurde. Berichte über indigene Völker in Nordamerika zur Zeit des ersten Kontaktes mit Europäern zeigen, dass auch dort der Übergang zur Landwirtschaft nicht unumkehrbar war, je nach Ertragsfähigkeit der Wirtschaftsarten wurde über Jahrhunderte der Lebensunterhalt mit entweder Viehzucht, Jagd, Anbau und Sammeltätigkeit erarbeitet. Viele dieser Berichte zeigen auch, dass die Vorstellung von Besitz von Land und Wasser zu dieser Zeit als absurd angesehen wurde.
Die klassische Geschichtsschreibung nimmt an, dass ab einer Größe von mehreren Hundert Einwohnern eine Siedlung Verwaltung und damit Hierarchie benötigt. Beispiele aus der Urgeschichte in verschiedenen Teilen der Welt zeigen, dass dies nicht so sein muss. In den Megasiedlungen der Cucuteni-Tripolje-Kultur (4. Jahrtausend v.Chr.) in der ukrainischen Steppe mit bis zu zwanzigtausend Einwohnern wurde kein einziges Gebäude ausgegraben, das auf Grund unterschiedlicher Größe oder Ausstattung als Wohnstätte einer Elite anzusehen wäre. Anthropologische Zeugnisse von Siedlungen mit ebensolcher Anordnung in konzentrischen Kreisen legen nahe, dass die zum Betrieb des Dorfes notwendigen Tätigkeiten in saisonaler Rotation an den Nachbarn im Kreis weitergereicht wurden.
Ein anderes Beispiel ist die Indus- oder Harappa-Kultur in Pakistan, deren bedeutende Siedlung Mohenjo-Daro keinerlei Anzeichen von sozialer Ungleichheit zu erkennen lässt.
Graeber und Wengrow zeigen, dass auch Städte nicht notwendigerweise hierarchische Strukturen aufweisen mussten. Die prähistorische Stadt Teotihuacán in Mexiko mit geschätzt hunderttausend Einwohnern ist ein ungewöhnliches Beispiel einer Stadt mit einer für die damalige Zeit gewaltigen Größe, die sich über längere Zeit anscheinend selbst regiert hat. Das archäologische Bild ergibt keinerlei Regierungsgebäude oder palastartige Gebäude, sondern lauter ähnliche gut ausgestattete Häuser, in einem Ausmaß, dass man heute sozialer Wohnbau dazu sagen würde.
Viele dieser archäologischen und anthropologischen Daten sind seit langer Zeit bekannt, wurden jedoch entweder als Fehlinterpretationen bzw. Ausnahmen angesehen oder schlicht ignoriert.
Unbeantwortet lassen die Autoren die Frage, warum die große Anzahl von gelebten politischen und sozialen Möglichkeiten der Geschichte sich auf eine einzige reduziert hat.

Das Buch:
David Graeber und David Wengrow: Anfänge, eine neue Geschichte der Menschheit, Verlag Klett Cotta, Jänner 2022

Eine Fälscherwerkstatt im Mostviertel

Ein Bericht von Hartmut Rüf
In der Umgebung von Waidhofen an der Ybbs, im niederösterreichischen Mostviertel, befindet sich ein aufgelassener Steinbruch, der eine jungsteinzeitliche Siedlung auf der Hügelkuppe anschneidet. Während des 19. Jahrhunderts wurden von den dortigen Arbeitern Steinwerkzeuge, vor allem Flachbeile, Klopfsteine und Halbfabrikate gefunden und an Interessenten, Sammler und Museen, verkauft. Zu einer Zeit starken und zunehmenden Interesses an Steinzeitfunden, um 1900, waren jedoch die Funde erschöpft. Desto größeres Aufsehen rief daher der Fund eines ganzen Depots von Steinwerkzeugen hervor. Fundort war das Grundstück einer Bäuerin in Seitenstetten, 15 km von Waidhofen entfernt, einer Frau Müller, in deren Keller, Acker und Gemüsegarten sowie beim Nachbarn in der nächsten Zeit wie bei der Ostereiersuche ständig weitere Steinwerkzeuge gefunden wurden.
Ein gewisser Hans Blank, Landesgerichtsrat und Verfasser von Forschungsarbeiten über das Neolithikum in Niederösterreich, vermutete frühzeitig Fälschungen unter den ihm vorgelegten Stücken. In der Folge setzte er es durch, dass alle Funde ihm vorgelegt werden mussten, die er dann an das Naturhistorische Museum schickte, welches den Fälschungsverdacht bestätigte. Ab diesem Zeitpunkt versiegte die reiche Fundquelle bei Frau Müller abrupt. Sie dürfte bei den fünfzig nachgewiesenen von ihr verkauften Steinwerkzeugen etwa hundert Kronen verdient haben, verglichen mit dem Tagesverdienst eines Arbeiters von zwei Kronen ein ordentliches Zubrot zu den Erträgen des Bauernhofes.
Stücke der Fälschungen befinden sich in allen großen Museen, vom Landesmuseum Linz bis zum Naturhistorischen Museum.
Es konnte nie sicher geklärt werden, wer der Produzent der Fälschungen war. Der Verdacht fiel auf einen Steinmetz, der über die Arbeit im Plattenberger Steinbruch steinzeitliche Flachbeile gesehen haben musste. Dementsprechend war die Qualität der Fälschungen nur bei den Flachbeilen hoch, noch heute gibt es in Sammlungen Steinbeile, deren Echtheit nicht geklärt ist. Zum Teil versah der Fälscher die Steinbeile mit einer Patina, indem er sie mittels Einlegen in ein Gewässer mit einer Algenauflage bzw. einer Kalkschicht tarnte. Für den Fachmann sofort zu erkennen sind hingegen Stücke mit Bohrlöchern. Während einige Äxte die für Originale zu erwartenden konischen Bohrlöcher aufweisen, ist bei den meisten Stücken aber zu erkennen, dass der Fälscher mangels Kenntnis der steinzeitlichen Technik zur Lochherstellung mit einem Zentrumsbohrer gearbeitet hat. An Halbfabrikaten fällt auf, dass Pickspuren fehlen, der Steinmetz dürfte die Stücke mit der Säge zugeschnitten haben. Neben Beilen und Äxten produzierte der Fälscher eine ganze Reihe von Phantasieformen, nachempfunden zeitgenössischen Metallwerkzeugen.
Als Material der Fälschungen wurde ein dunkelgrüner Serpentinit verwendet, der in Gstadt in der Nähe von Waidhofen gefunden wurde.
Verwendete Literatur:
Jakob Maurer: Alles aus Serpentinit! Die Fälscherwerkstatt von Waidhofen an der Ybbs (Niederösterreich) in: Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 75, 2014 S.31-42 Herausgegeben von Hans-Jürgen Beier, Ralph Einicke & Eric Biermann, Verlag BEIER & BERAN. ARCHÄOLOGISCHE FACHLITERATUR LANGENWEISSBACH 2014

Einbäume: Die historische Entwicklung

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Einbäume sind die älteste Bootsform, die archäologisch nachweisbar ist.
Die Grundform ist ein ausgehöhlter Baumstamm, dessen Unterseite der natürlichen Rundung des Stammes folgt. Der Bug wird nach vorne ansteigend angeschrägt (Löffelbug).
Eine erste Änderung gegenüber der Grundform bestand im Anbringen von Stegen (Querrippen), die aus dem vollen Holz belassen wurden. Sie können als Unterteilung oder als Sitzbank dienen, ihr Hauptzweck ist jedoch die Erhöhung der Verwindungssteifigkeit des Einbaums (erforderlich insbesondere bei längeren Exemplaren) und erlauben damit auch die Wanddicke zu verringern.
Bereits in der Mittelsteinzeit wurde ein wesentlicher Schritt getan: das Abschneiden des Hecks (in konsequenter Fortführung manchmal auch des Bugs) und der Verschluss der Öffnung mit einem Schott (Spiegel). Bug und Heck im klassischen Einbaum stellen eine Schwachstelle dar, da dort die Bearbeitung des Holzes gegen die Faserrichtung erfolgt. Der Notwendigkeit der Abdichtung steht eine Gewichtsreduktion und damit deutliche Erhöhung der Nutzlast gegenüber.
Die Form des Stammes beschränkt Form und Größe von Einbäumen. Bereits im Neolithikum wurden Einbäume zur Erhöhung der Nutzlast aufgeweitet, d.h. unter Einwirkung von Hitze/Wasser wurden die Seitenwände aufgebogen und mittels Spanten in der gewünschten Form fixiert.
Der nächste Schritt war eine Erhöhung der Längsseiten des Einbaums mittels des Aufbaues von Planken (Setzbord).
Ob zu dieser Zeit oder erst in der Bronzezeit Schlingerleisten (waagrechte Bretter entlang des Rumpfes in der Wasserlinie) verwendet wurden, ist umstritten. Der Einbaum rollt dadurch weniger, auf Grund der höheren Stabilität im Wasser kentert er weniger leicht. Beim neolithischen Boot aus dem Lago Bracciano wurden Löcher an der Außenseite vorgefunden, die in der Richtung eines derartigen Einbaues interpretiert werden können.
Die weitere Entwicklung in der Bronzezeit verändert den Einbaum zunehmend in Richtung der Konstruktionsart heutiger Boote (Fortentwicklung Plätte/Prahm – flaches kielloses Boot): Zwei Bäume wurden ausgehöhlt und bilden die rechte bzw. linke Seite des Einbaums, der Boden wird verbreitert, indem eine oder mehrere Planken eingefügt werden. Ein System von Spanten verbindet die Konstruktion. Unmittelbare Ursache für die Änderung war möglicherweise ein Mangel an genügend starken und auch zugänglichen Bäumen für die klassische Bauform.
Eine höhere Nutzlast lässt sich über die Verbindung zweier oder mehrerer Einbäume mit einer Plattform erreichen. Eine derartige an der Adria aufgefundene bronzezeitliche Konstruktion besitzt zur Stabilisierung auch einen Ausleger, eine Bauform, die sich nur bei im Meer eingesetzten Einbäumen durchgesetzt hat.
Einbäume in der klassischen Form wurden in Europa bis in die Neuzeit verwendet, am Mondsee beispielsweise wurden derartige Boote noch im 20. Jahrhundert gefertigt.

Verwendete Literatur:

Jost Auler: Dechsel, Beil und viele kleine Hände. Nachbau eines funktionstüchtigen Einbaums. In: Römer zum Anfassen. Mythos und Fakten. Katalog Clemens-Sels- Museum. Neuss 2018, S. 59-66.
Tobias Thomas Duczek: Einbäume im Spiegel der Zeit, Bachelor of Arts-Arbeit Universität Bochum, Lünen 2014
Wulf Hein: Fellboot, Floß und Einbaum Wasserfahrzeuge der Urgeschichte im Experiment, in: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien (MAGW) Band 142, 2012, S. 121-136
Henrik Pohl: Einbaumfunde aus dem Salzburger Land, in: Archaeologia Austriaca, Band 90/2006, S. 73-86, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien

Die ältesten Einbäume Europas

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Seit Urzeiten benützen die Menschen Wasserwege zur Fortbewegung. Flüsse und Seen eröffneten häufig ein leichteres Durchkommen als die Urwälder vergangener Zeiten. In allen Erdteilen werden Einbäume nach wie vor verwendet oder sind historisch bezeugt.
Die ältesten erhaltenen Exemplare stammen aus dem Mesolithikum (Mittelsteinzeit) und wurden aus Kiefer gefertigt entsprechend der damaligen Hauptbaumart. Die nacheiszeitliche Landschaft in Europa entsprach der heutigen sibirischen Tundra, in der sich im Zuge der langsamen Erwärmung Kiefernwälder ausbreiteten. Ab dem 8. bis 7. Jahrtausend v.Chr. stiegen die Temperaturen insbesondere in Nordwesteuropa zu einem Maximum mit bis zu 2,5°C über den heutigen Stand an, was zur Entstehung von Eichenwäldern bis hoch im Norden in Skandinavien führte. Ab dieser Zeit treten in Europa als Holzart für Einbäume Laubhölzer in den Vordergrund, auf Grund der erhöhten Haltbarkeit vorwiegend Eiche, in Dänemark und der Schweiz wurde auch das sehr gut bearbeitbare Lindenholz verwendet.
Der niederländische Archäologe Jan Lanting geht von zwei Zentren aus, von denen aus sich ab dem Mesolithikum der Gebrauch von Einbäumen in Europa verbreitet hat: ein nördliches/nordwestliches Zentrum mit dem ältesten gefundenen Exemplar, dem Einbaum von Pesse, Niederlande (Datierungen 7000 bzw. 8000 v.Chr.), den zwei Booten von Nandy/Le Coudray Montceaux Frankreich (um 7000 v.Ch.), Noyen-sur-Seine Frankreich (ebenfalls um 7000 v.Chr.) und dem Boot von Dümmerlohausen Niedersachsen BRD (um 6500 v.Chr.). Die südliche wahrscheinlich unabhängige Ausbreitungslinie ist gekennzeichnet durch die Einbäume von Hotiza, Slowenien (um 6000 v.Chr.) und Lago di Bracciano (um 4600 v.Chr.).
Im Neolithikum (Jungsteinzeit) sind nach wie vor mittelsteinzeitliche Kulturen (Ertebolle) an der Ostsee und der norddeutschen Tiefebene die Zentren der Einbaumfertigung. Die besondere Kunstfertigkeit der Einbaumbauer zu dieser Zeit an der Ostsee zeigt sich in Exemplaren aus Lindenholz mit bis zu 12 m Länge und einer Wanddicke hinunter bis zu 1 cm.
In Süddeutschland gibt es eine Häufung von Einbäumen am Federsee, davon einige neolithische und zahlreiche bronzezeitliche Exemplare. Bei Konstanz am Bodensee wurde zuletzt ein Einbaum aus dem 23. Jh. v.Chr. geborgen, er ist damit der älteste vom Bodensee.
Nach Osten hin werden die Einbaumfunde immer spärlicher, in den bayrischen Seen und am Inn wurden einige wenige eisenzeitliche Exemplare entdeckt. Eine Ausnahme dazu stellt der Fund eines bronzezeitlichen Einbaumes im Längsee in Kärnten dar.
An den Salzkammergutseen wurden bisher keine prähistorischen Einbäume gefunden, obwohl insbesondere am Attersee auf Grund der großen Anzahl von nachgewiesenen Feuchtbodensiedlungen mit Sicherheit anzunehmen ist, dass es Wasserfahrzeuge gegeben hat.

Verwendete Literatur:
Béat Arnold: Transports lacustres et fluviaux pendant la Préhistoire. Les chemins de l’histoire (ViaStoria), 2014 (Archéologie et histoire), pp. 13-17
Béat Arnold, Miran Erič, Andrej Gaspari, Dragan Živadinov, Franc Solina, Saša Koren (arheologinja.), Sara Ćorković, Matej Školc: Global Initiative: Early Watercraft – A Global Perspective of Invention and Development: The First Ambassadors Meeting Minutes : Vrhnika, Slovenia, 19th – 23rd of April 2015
Béat Arnold: Les pirogues néolithiques de Paris-Bercy. In: Archaeonautica, 14, 1998. Construction navale maritime et fluviale. Approches archéologique, historique et ethnologique. pp. 73-78;
Per Hoffmann, Martin Mainberger: Katalog der archäologischen Schiffs- und Bootsfunde in Deutschland. http://www.uwarc.de/schiffsfunde/
Stefanie Klooß: Fischfang zur Zeit der Neolithisierung an der südwestlichen Ostseeküste, Archäologische Informationen 36, 2013, 215-228
Jan Lanting: Dates for origin and diffusion of the European logboat. Palaeohistoria 39/40, 1997/98, 627-650.

Mario Mineo, Maria Antonietta Fugazzola Delpino: La piroga neolitica del lago di Bracciano (“La Marmotta 1”), Bullettino di Paletnologia Italiana 86 (1995) pp.197-266
Michel Philippe: Un état des connaissances sur la navigation préhistorique en Europe atlantique, Bulletin de la Société Préhistorique Française, 115, 3, p 567-597, October 2018

Mondsee-Tsunami

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Zwei Jahre nach der Auffindung des ersten Pfahlbaudorfes am Attersee in Seewalchen entdeckte der Prähistoriker Matthäus Much im Jahre 1872 die Pfahlbaustation See am östlichen Ende des Mondsees. An Hand der reichen Funde prägte Much die Bezeichnung Mondseekultur.

Schon früh wunderte man sich über das Ausmaß der Funde in der Pfahlbaustation See. Bereits Much ging davon aus, dass eine Katastrophe das Ende des Pfahlbaudorfes hervorgerufen hätte. Bei einem geordneten Verlassen des Pfahlbaudorfes wären wohl Dinge von Wert wie z.B. Kupferbeile mitgenommen worden.

Die Fundumstände veranlassten den Geoarchäologen Alexander Binsteiner zu der Spekulation, dass ein Bergsturz vom Schafberg eine Flutwelle ausgelöst und diese zur Überschwemmung und Zerstörung des Pfahlbaudorfes geführt hätte. Die Meldung über den möglichen Bergsturz und seine Folgen in den heimischen Zeitungen geriet im Gegensatz zu sonstigen auch bedeutsamen archäologischen Ereignissen zu einem Medien-Hype. Die geneigten Leser delektierten sich mit wohligem Schaudern an der Katastrophenmeldung. Die Meldung schaffte es sogar bis zum „Spiegel“ in Hamburg, der dort geprägte Ausdruck „Mondsee-Tsunami“ ist bis heute lebendig geblieben.

Acht Jahre später, im Jahre 2016, äußerte A. Binsteiner in der Fernsehdokumentation „Mystisches Salzkammergut“ ein weiteres Mal sehr zum Missfallen der Archäologen des Kuratoriums Pfahlbauten seine Ansichten über den Untergang der Pfahlbausiedlung See.

Die Realität erwies sich jedoch als nicht so dramatisch. Untersuchungen an Bohrkernen vom Grund des Mondsees konnten schließlich nachweisen, dass es in der fraglichen Zeit des Endes der Pfahlbaustation See keinen Erdrutsch in den Mondsee und somit auch keinen Tsunami gegeben hatte. Die Bergsturzspuren am Hang des Schafberges sind mittelalter- bzw. neuzeitlich und datieren in die Jahre 1484 und 1639 nach Christus.

Für den Schweizer Archäologen Urs Leuzinger liegt eine mögliche Ursache für das Ende der Mondseekultur in einer allgemeinen Verschlechterung des Klimas um 3370 – 3350 v.Chr. Auch in der von ihm untersuchten Pfahlbausiedlung Arbon-Bleiche am Bodensee stieg damals der Seespiegel um mehrere Meter. Die Ursache für die hohe Fundkonzentration in der Pfahlbaustation See liegt somit weiterhin im Dunkeln.

Verwendete Literatur:  

Alexander Binsteiner: Naturkatastrophe in den Alpen – Der Untergang der Mondseekultur                    https://www.archaeologie-online.de/artikel/2010/naturkatastrophe-in-den-alpen/

Alexander Binsteiner: Die Rohstoffversorgung der jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlung von See am Mondsee, Oberösterreichische Heimatblätter, Heft 1/2, 2009, S. 3-10,  Amt der OÖ. Landesregierung

Alexander Binsteiner: Neues zum „Mondsee-Tsunami“ – Warum die Wellen der Empörung bei den Pfahlbauern so hoch schlagen https://www.ml24.at/interessantes/neues-zum-mondsee-tsunamie-warum-die-wellen-der-empoerung-bei-den-pfahlbauern-so-hoch-schlagen

Rupert Breitwieser: Der „Mondsee-Tsunami“ – Fakt oder Mediengag? Nachrichtenblatt Arbeitskreis Unterwasserarchäologie NAU 16 2010 S. 85-118

Christoph Daxer, Jasper Moernaut, Timothy Taylor, Jean Nicolas Haas & Michael Strasser: Late Glacial and Holocene sedimentary infill of Lake Mondsee (Eastern Alps, Austria) and historical rockfall activity revealed by reflection seismics and sediment core analysis, Austrian Journal of Earth Sciences Vienna 2018 Volume 111/1 111 – 134

Kuratorium Pfahlbauten: Richtigstellung zur Sendung „Mystisches Salzkammergut“ von ServusTV am 27.5.16 https://www.pfahlbauten.at/organisation/presse/pressemitteilungen/richtigstellung-zur-sendung-%E2%80%9Emystisches-salzkammergut%E2%80%9C-von

T. Swierczynski, S. Lauterbach, P. Dulski, and A. Brauer: Late Neolithic Mondsee Culture in Austria:living on lakes and living with flood risk? Clim. Past Discuss., 8, 5893–5924, 2012 

Matthias Schulz: Pompeji der Steinzeit, https://www.spiegel.de/spiegel/a-583343.html

Die Rohstoffversorgung an Feuerstein der Pfahlbaustation See am Mondsee

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Der Prähistoriker Matthäus Much entdeckte im Jahre 1872 die Pfahlbau-siedlung See am Mondsee. Die dortigen überaus reichen Funde bilden mit denjenigen der Grabungen von Johann Offenberger in den 70er und 80er-Jahren die Basis der Studiensammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien.

Das Silexinventar dieser Sammlung, 1558 Objekte, wurde auf seine Herkunft untersucht, wobei nur 3,4 % der Gerätschaften bekannten Abbaugebieten Bayerns und Norditaliens wie z.B. dem Hornsteinbergwerk Bayersdorf oder den Monti Lessini zugeordnet werden konnte. Es musste somit weitere, vermutlich lokale Quellen geben.

Geländebegehungen durch den Geoarchäologen Alexander Binsteiner gaben Hinweise auf mögliche Herkunftsorte: Vom namensgebenden Ort Oberalm bei Salzburg bis  zum Zwölferhorn zieht sich eine geologische Formation namens Oberalmer Kalke hin, die Hornstein-führende Schichten enthält. Fundstellen befinden sich am Mühlstein bei Elsbethen nahe Salzburg und im Königsbachtal bei Abersee am Wolfgangsee.

Eine zweite mögliche Quelle für die in der Pfahlbaustation See gefundenen Feuersteine sind die sogenannten Ruhpoldinger Schichten, die vor allem Radiolarit enthalten und sich vom namensgebenden Ort in Bayern nach Osten über die gesamte Kette der nördlichen Kalkalpen erstrecken.

Hornstein und Radiolarit (Anteile 60% bzw. 40% im Silex-Inventar der Studiensammlung der Universität Wien) – siehe auch Blog-Beitrag „Der Steinzeitwerkstoff Feuerstein“ von Martin Madera – bestehen wie Quarz aus Kieselsäure, sind hingegen biologischen Ursprungs (umgewandelte Kieselsäureskelette vorgeschichtlicher Algen). Hornstein ist meistens grau bis gelb, Radiolarit durch Eisenbeimengungen grün oder rot gefärbt. Die ihn bildenden Kieselsäureskelette stammen von den heute noch existierenden 0,15-0,5 mm großen Strahlentierchen (Radiolarien) ab, einer Kieselalgen-Art, die mit einem Alter der Gattung von über 500 Millionen Jahren zu den auf der Erde längstexistierenden Organismen zählt.

Eine Fundstelle für Radiolarit besteht im Laudachtal bei Gmunden, wo auch Abschläge und retuschierte Stücke entdeckt wurden; mangels Beifunden war jedoch keine zeitliche Einordnung möglich.

Eine weitere Fundstelle gibt es direkt vor der Haustüre der Pfahlbaustation See, am Fuße der Eisenau am Mondsee. Der Sturm „Emma“ im Jahre 2008 hatte dort zahlreiche Bäume entwurzelt und damit den felsigen Untergrund freigelegt. Auf Grund der räumlichen Nähe ist anzunehmen, dass die Mondseekultur diese Lagerstätte genutzt hat, auch wenn bisher keine Abbbaustelle identifiziert werden konnte.

Alexander Binsteiner schätzt die Mengen an gut spaltbarem Hornstein und Radiolarit in den genannten geologischen Formationen auf mehrere Millionen Tonnen.

Verwendete Literatur: 

Alexander Binsteiner: Eine einseitige Beziehung – Feuersteine der Monti Lessini in jungsteinzeitlichen Silexinventaren des Nördlichen Alpenvorlandes

https://www.archaeologie-online.de/artikel/2014/eine-einseitige-beziehung/

 Alexander Binsteiner: Die Rohstoffversorgung der jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlung von See am Mondsee, Oberösterreichische Heimatblätter, Heft 1/2, 2009, S. 3-10, Amt der OÖ. Landesregierung

Alexander Binsteiner: Die Lagerstätten und der Abbau Bayerischer Jurahornsteine sowie deren Distribution im Neolithikum Mittel- Und Osteuropas, Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums 52 · 2005  S. 43-122

Michael Brandl , Robert Neuhauser und Beatrix Nutz:  Eine Silexlagerstätte im Laudachtal, Oberösterreich, Archäologle Österreichs 21/2, S. 41-46

Heinz Gruber: Das Neolithikum in Oberösterreich ein Überblick zum Forschungsstand, in: Fines Transire, Jahrgang 18, 2009 S. 133-144, Verlag Marie Leidorf GmbH • Rahden/Westf. 2009

Walter Leitner, Michael Brandl & Thomas Bachnetzer: Die Ostalpen als Abbaugebiet und Versorgungsregion für Silex und Bergkristall in der Prähistorie, in:  in: Goldenberg, Gert, Töchterle, Ulrike, Oeggl, Klaus, Krenn-Leeb, Alexandra: Neues zur Bergbaugeschichte der Ostalpen S.113-144, Verlag Österreichische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, Wien 2011

 

Jakob Maurer: Die Mondsee-Gruppe: Gibt es Neuigkeiten? Ein allgemeiner Überblick zum Stand der Forschung, in: Vorträge 32. Nieder-bayerischer Archäologentag, S. 145-190 Verlag Marie Leidorf, D-32369 Rahden/Westf.

Katalog – Mondsee Silices, uhasammlung.univie.ac.at

Geologische Karte der Republik Österreich 1 : 50.000, Erläuterungen zu Blatt 95 Sankt Wolfgang im Salzkammergut, Geologische Bundesanstalt, A-1031 Wien, Rasumofskygasse 23

Geologische Karte der Republik Österreich 1 : 50.000, Erläuterungen zu Blatt 65 Mondsee, Geologische Bundesanstalt, A-1031 Wien, Rasumofskygasse 23

https://www.atterwiki.at/index.php?title=Zimmerei

Steinbeile: Anforderungen an das Material

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Fragt man jemanden nach den notwendigen Eigenschaften des Materials für ein Steinbeil, würde die Antwort wahrscheinlich lauten: Es muss hart sein.
Schaut man sich die in der Steinzeit verwendeten Gesteine für Steinbeile jedoch genauer an, stellt man fest, dass die vorwiegend eingesetzten Serpentinite von einem Steinmetz als weiches Gestein klassifiziert würden.
Serpentinite sind grünliche bis schwarze Umwandlungsgesteine, die in den aus den Zentralalpen kommenden Flüssen wie z.B. der Salzach als Geröll zu finden sind.
Was ist es also, das ein Gestein für ein Steinbeil geeignet macht?
Schaut man sich an, was beim Fällen eines Baums mit einem Steinbeil passiert,  sieht man, dass neben der Deformation des Baumes auch das Steinbeil deformiert wird, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß. Diese Deformation (Stauchung) des Steinbeils bedeutet für den Stein eine Beanspruchung bis an die Grenzen des inneren Zusammenhalts. Diese Deformation kann elastisch erfolgen, d.h. dass das Material nach der Deformation seine ursprüngliche Gestalt wieder einnimmt oder plastisch, d.h. das Material (die Klinge) wird dauerhaft deformiert. Im letzteren Fall kann der Werkstoff mehr Energie aufnehmen, allerdings bedeutet das auch, dass die Klinge schneller stumpf wird.
In der Werkstofftechnik spricht man von der Zähigkeit eines Materials, im allgemeinen ist die Zähigkeit der Gesteine bzw. Minerale desto höher je niedriger die Härte ist. Beispielsweise ist der Wert für Serpentin 10 bis 20 mal so hoch als derjenige von Quarz.
Eine Sonderstellung nehmen die Beile aus Jade ein, die jedoch auf Grund des wertvollen Materials (Import von der jungsteinzeitlichen Abbaustelle am Monte Viso in Norditalien) wohl eher als Zeremonial- bzw. Prunkbeile Verwendung fanden. Jade weist auf Grund der faserförmigen Struktur des Materials sowohl hohe Härte wie Zähigkeit auf und stellt einen besonders geeigneten Rohstoff dar. Beile aus Jade waren im westlichen Mitteleuropa bis zu den Britischen Inseln häufig, in der Sammlung Much der Universität Wien (463 Steinbeile von der Station See/Mondsee) gibt es davon jedoch nur ein einziges Exemplar.
In Summe bedeutet das, dass das für das Beil verwendete Gestein eine gewisse Elastizität besitzen muss, um den Schlag ohne zu zersplittern auszuhalten. In der Materialkunde spricht man von der Eigenschaft Schlagzähigkeit eines Materials.
Die Steinzeitleute werden in der Auswahl des Materials bevorzugt das vor Ort vorhandene Gestein ausgewählt haben und hinsichtlich Brauchbarkeit nach „Trial and Error“ vorgegangen sein.

Verwendete Literatur:
Catrin Kammer, Ulrich Kammer: Werkstoffkunde für Praktiker, Verlag Europa-Lehrmittel Nourney Vollmer 2017, Düsselberger Straße 23, D-42781 Haan-Gruiten
Martina Kölbl-Ebert: Gesteinskunde – Skript für die Übungen zur Dynamik der Erde, Fachbereich Geowissenschaften, Universität Tübingen 2017
Johannes Müller: Die Jungsteinzeit, in: S. V. Schnurbein (Hrsg.), Atlas der Vorgeschichte : Europa von den ersten Menschen bis Christi Geburt S. 58-105, Verlag Theiss, Stuttgart 2014.
Violetta Reiter: Die Steinbeile vom Mondsee/Station See (OÖ) aus der Sammlung Matthäus Much, Diplomarbeit Universität Wien 2011
https://www.epigem.de/themen/was-ist-jade.html

Der Bronzezeitliche Kupferbergbau am Mitterberg bei Bischofshofen

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Im Salzburgischen, am Mitterberg im Hochköniggebiet, befindet sich die mächtigste Kupfererzlagerstätte der Ostalpen. Ab der mittleren Bronzezeit bis zur Eisenzeit wurde dort mit einfachsten Mitteln Erz gefördert und Kupfermetall erschmolzen.
Kupfer vom Mitterberg ist in Bronzegegenständen in ganz Mitteleuropa zu finden, zum Beispiel konnte das Metall der Himmelsscheibe von Nebra dieser Lagerstätte zugeordnet werden.
Anhand der jetzt noch ersichtlichen Spuren ist es möglich, die Vorgangsweise bei der Erzgewinnung und -verhüttung in der Bronzezeit nachzuvollziehen.
Frühbronzezeitliche Abbaustellen sind z.B. oberhalb des Arthurhauses, von Mühlbach am Hochkönig über eine Straße erreichbar, in Form einer Anzahl von eingestürzten Gruben (in der Bergbausprache Pingen genannt) zu sehen.
Zur Gewinnung des Erzes wurde die sogenannte Feuersetztechnik angewandt, d.h. in der Grube wurde ein Holzfeuer entzündet und damit das umgebende Gestein mürbe gemacht. Später, als die oberflächennahen Erzvorkommen ausgebeutet waren, folgten die bronzezeitlichen Bergleute den Erzgängen bis tief in den Berg hinein (man konnte sich lange Zeit nicht vorstellen, dass die bis 200 m unter der Erde befindlichen Stollen bronzezeitlich sein könnten) und bauten das Erz mit Bronzepickeln ab, da die Feuersetztechnik tief im Berg nicht mehr einsetzbar war.
Das erzhaltige Gestein wurde sodann mit Schlagsteinen zerkleinert und mit Hilfe von Mahlsteinen zu einem Pulver von Mehlfeinheit gemahlen.
Bei einer geschätzten Produktion von insgesamt 24.000 t Kupfer bis zur Eisenzeit und einem Kupfergehalt im Erz im einstelligen Prozentbereich kann man sich vorstellen, welch große Anzahl an Menschen damit beschäftigt gewesen sein muss.
Das feingemahlene Erz wurde sodann in Holzkästen geschlämmt, wobei das schwerere Erz im Wasserstrom am Boden liegen bleibt und das taube Gestein weggeschwemmt wird. Eine dazu verwendete Vorrichtung aus Holz wurde vollständig erhalten im Moor am Troiboden oberhalb des Arthurhauses gefunden.
Die Verhüttung des in der Schlämmvorrichtung aufkonzentrierten Erzes erfolgte in kleinen abwechselnd mit Erz und Holz beschickten Schachtöfen, das erhaltene 90%ige Kupfer wurde zur weiteren Reinigung zusätzlichen Schmelzzyklen unterworfen.
Mit dem Aufkommen des Eisens ab dem 10. Jahrhundert v. Chr. verlor Kupfer bzw. Bronze an Bedeutung, soweit, dass der Kupferbergbau am Mitterberg eingestellt und im Mittelalter vollständig vergessen wurde. Die Wiederauffindung und Inbetriebnahme erfolgte im 19. Jh. Es wird erzählt, dass ein Bauernbub das goldglänzende Mineral Kupferkies in einem Bach gefunden und gedacht hätte mit einem Goldfund sein Glück gemacht zu haben.
Der Bergbau wurde im Jahr 1977 auf Grund der damals niedrigen Weltmarktpreise für Kupfer eingestellt.
Übrigens, es lohnt sich, das Museum des sehr rührigen Bergbauvereins in Mühlbach am Hochkönig zu besuchen!

Verwendete Literatur:
Gerhard Feitzinger, Wilhelm Günther, Angelika Brunner: Bergbau- und Hüttenaltstandorte im Bundesland Salzburg, Verlag Land Salzburg 1998
Erica Hanning, Hannes Herdits & Elena Silvestri: Alpines Kupferschmelzen _ technologische Aspekte, VML Verlag Marie Leidorf, Bochum 2015
Karl B. Matz: Die Kupfererzlagerstätte Mitterberg (Mühlbach am Hochkönig, Salzburg) in Mitteilungen der Abt. Mineralogie des Joaneums, S. 7-19, Graz 1953
Ernst Pernicka, Joachim Lutz, Thomas Stöllner: Bronze Age Copper Produced at Mitterberg, Austria, and its Distribution, in: Archaeologia Austriaca, Band 100/2016, S. 19–55, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien, 2016
Thomas Stöllner, Elisabeth Breitenlechner, Clemens Eibner, Rainer Herd, Tobias Kienlin, Joachim Lutz, Alexander Maass, Kurt Nicolussi, Thomas Pichler, Robert Pils, Klaus Röttger, Baoquan Song, Nadine Taube, Peter Thomas, & Andrea Thurner: Der Mitterberg – Der Großproduzent für Kupfer im östlichen Alpenraum während der Bronzezeit in: Goldenberg, Gert, Töchterle, Ulrike, Oeggl, Klaus, Krenn-Leeb, Alexandra: Neues zur Bergbaugeschichte der Ostalpen S.113-144, Verlag Österreichische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, Wien 2011

Kupfer: Die erste Nutzung eines Metalls in der Menschheitsgeschichte

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Ötzi`s Kupferbeil hat uns in Erinnerung gerufen, dass es zur Zeit des steinzeitlichen Eismannes bereits Anfänge der Metallnutzung gab.

Einzelne Kupfererze wie die Halbedelsteine Malachit (grün) und Azurit (blau) wurden als Schmuckstein und gemahlen als Farbpigment bereits seit dem 11. Jahrtausend v.Chr. genutzt. Die erste Quelle waren jedoch Vorkommen von metallischem Kupfer; das älteste Artefakt daraus stammt aus dem 9. Jahrtausend v.Chr. Das Metall wurde damals durch Hämmern kalt bearbeitet, der Kupferguss war noch nicht bekannt.

Die Herstellung des Metalls aus seinen Erzen wie dem oben genannten Malachit bzw. Azurit gelang, sobald in einem Ofen genügend hohe Temperaturen erzeugt werden konnten. Die ersten Belege davon in Form von Schlackenresten stammen aus der Zeit um 5000 v.Chr., etwa gleichzeitig vom Balkan (aus der sogenannten Vinča-Kultur) und aus Südwestasien. Es ist somit in diesem Fall möglich, dass eine bedeutsame kulturelle prähistorische Entwicklung ihren Ausgang nicht in Vorderasien, sondern in Europa genommen hat.

Es vergehen wiederum über tausend Jahre, bis die Kupferverhüttung ihren Weg vom Balkan nach Mitteleuropa findet. In der Mondseekultur sind Kupfergegenstände bereits weit verbreitet, der Fund von Gusslöffeln beweist, dass es sich dabei um keine Importprodukte handelt.

Die ältesten bekannten Abbaustellen von Kupfererzen in Österreich befinden sich in Tirol im Raume von Brixlegg, dort  wurde Kupfer aus sogenannten Fahlerzen erschmolzen, deren Arsen- bzw. Antimongehalt dem erzeugten Kupfer eine Härte verleiht, die der Bronze nahekommt (Arsenbronze).

Die Verhüttung von Kupferkies, dem Erz, wie es z.B. am Salzburger Mitterberg und in der Toskana vorliegt, gelang hingegen erst in der Bronzezeit nach großen Fortschritten in der Konstruktion und Temperaturführung der Schmelzöfen. Der Bergbau und die Schmelzöfen am Mitterberg wurden zu dieser Zeit zu einem europäischen Zentrum der Kupfergewinnung. Das dort gewonnene Kupfer wurde hauptsächlich zu Bronze weiterverarbeitet, einer Legierung mit 10 – 15% Zinn, die gegenüber reinem Kupfer leichter verarbeitbar ist und eine wesentlich höhere Härte aufweist.

Ab dem 10. vorchristlichen Jahrhundert übernahm Eisen weitgehend die Rolle der Bronze als Werkstoff. Bis in die Neuzeit wurde nur mehr Kupfer bzw. Bronze verwendet, wenn neben Festigkeit auch Haltbarkeit gefragt war.

Der gewaltige heutige Anstieg des Kupferverbrauches erklärt sich wegen einer zuvor nicht gefragten Eigenschaft, der guten elektrischen Leitfähigkeit des Metalls.

 

Verwendete Literatur:

Blagoje Govedarica: Das Phänomen der balkanischen Kupferzeit.
In:
Bernhard Hänsel und Wolfram Schier (Hrsg.) Prähistorische Archäologie In Südosteuropa Band 30, S.11-22 Verlag Marie Leidorf Gmbh  Rahden/Westf. 2016
Ernst Pernicka and Carolin Frank: Copper artifacts of the Mondsee group and their possible sources. In: Midgley, M.S. & J. Sanders (eds)  Lake Dwellings after Robert Munro, 113-138, Leiden: Sidestone Press 2012
B.Höppner, M. Bartelheim, M. Huijsmans, R. Krauss,  K.-P. Martinek,  E. Pernicka  and R. Schwab: Prehistoric Copper Production In The Inn Valley (Austria), And The Earliest Copper In Central Europe, Archaeometry 47, 2 (2005) 293–315
Eva Rosenstock, Silviane Scharl, Wolfram Schier:  Ex oriente lux? – Ein Diskussionsbeitrag zur Stellung der frühen Kupfermetallurgie Südosteuropas Martin Bartelheim, Barbara Horejs, Raiko Krauß (Hrsg.): Von Baden bis Troia, Ressourcennutzung, Metallurgie Und Wissenstransfer,  S. 59-122, Verlag Marie Leidorf Gmbh  Rahden/Westf. 2016
Bastian Asmus: Das älteste Kupfer der Welt, Archeometallurgie.de

Schweizer Tageszeitung veröffentlicht Interview mit Archäologen Urs Leuzinger

Das St. Galler Tagblatt veröffentlicht am ein Interview mit dem Archäologen Urs Leuzinger unter dem Titel :

 

«Das 5380 Jahre alte Pfahlbaudorf in Arbon auszugraben war faszinierend» – das sagt der «Thurgauer Indiana Jones» über seinen Beruf als Archäologe

Interview: Florian Beer

 

Hier kann der Artikel nachgelesen werden, indem Urs Leuzinger mehrfach auch Bezug zu Österreich, unter anderem seinen Vortrag in Seewalchen vor ein paar Wochen, nimmt:

https://www.google.ch/amp/s/www.tagblatt.ch/amp/ostschweiz/frauenfeld/das-5380-jahre-alte-pfahlbaudorf-in-arbon-auszugraben-war-faszinierend-das-sagt-der-thurgauer-indiana-jones-ueber-seinen-beruf-als-archaeologe-ld.1171102

Zeitreisebericht – Blühendes Österreich

„Lernen von den Feuersteins:
10 Alltagstipps aus der Steinzeit“

 

Der Redakteur Mag. Uwe Grinzinger hat uns bei einer KIDS Spezial-Schiffsexpedition in die Steinzeit begleitet und einen Bericht über unsere Pfahlbauvermittlungen verfasst.

 

Der Bericht von Uwe Grinzinger ist im Naturmagazin von Blühendes Österreich auf

https://www.bluehendesoesterreich.at/naturmagazin/tipps-aus-der-steinzeit

nachzulesen.

SWR Dokumentation SALZKAMMERGUT mit #Pfahlbau am #Attersee!!! ..mit unserem Peter Wechselauer als echten jungSteinzeitmenschen!

ab 08:55 min. Pfahlbau am Attersee

Für eine Dokumentation über das Salzkammergut hat sich vor Kurzem (Mittwoch, den 12. Juni) ein Aufnahmeteam des SWR vom Deutschen Fernsehen einen Tag bei uns in Seewalchen aufgehalten. Einige unserer Vermittler waren in die Aufnahmen direkt eingebunden und stellten das Leben und die Arbeit in der Jungsteinzeit nach. Die Fahrt im Einbaum mit leinenbekleideten Pfahlbau-Vereinsmitgliedern, das Feuersteinschlagen mit Peter Wechselauer – einem unserer „Feuersteins“ – als echten jungSteinzeitmenschen, sowie das Interview mit unserem Pfahlbau-Vereinsobmann Alfons Egger sind in die Doku mit eingeflossen.

Bernhard Riener, der Aufnahmeleiter, bedankte sich telefonisch noch einmal bei allen Mitwirkenden und teilte uns den Ausstrahlungstermin mit:

So, 14.7.   20.15 Uhr SWR Fernsehen
Das Salzkammergut    
Ein Film von Bernhard Riener

 

Birkenteer – Forschung und Entwicklung von der Altsteinzeit bis heute

Martin Madera
10.05.2019

Als im Jahr 2001 zwei Steinartefakte in Campitello in Italien gefunden wurden, stand der Welt eine Sensation bevor. Auf den Artefakten wurden Reste einer schwarzen organischen Substanz gefunden, mit der die Steinkeile offensichtlich in einen Holzschaft geklebt worden waren. Eine Analyse ergab, dass es sich um Birkenteer handelt. Die Datierung der Artefakte ergab ein Alter von rund 200 000 Jahren.
Damit war erwiesen, dass Birkenteer das älteste von Menschen hergestellte Material ist und der Gebrauch von Birkenteer mehr als 100 000 Jahre bekannt war, bevor die ersten Keramiken hergestellt wurden. Bereits die Neanderthaler waren mit dem Gebrauch von Birkenteer als Klebstoff vertraut.
Birkenteer wird durch die trockene Destillation von Birkenrinde gewonnen. Dabei wird die Birkenrinde unter Luftabschluss auf ca. 350 – 500°C erhitzt. Über die Vorstufe des Birkenteers kann durch längeres Erhitzen das sogenannte Birkenpech hergestellt werden. Wichtig ist, dass als Ausgangsstoff Rinde und nicht Holz verwendet wird, da Birkenpech aus Holz nicht klebt.

Doch wie konnten die Menschen der Altsteinzeit ohne Keramikgefäße Birkenteer herstellen, wenn die Herstellung unter Luftabschluss erfolgen muss? Mit dieser Fragestellung beschäftigte sich 2017 ein Artikel in Nature, einer der renommiertesten Zeitschriften der wissenschaftlichen Literatur. Es wird von Versuchen einer Gruppe von Archäologen der Universität Leiden berichtet, die durch Erhitzen von gerollter Birkenrinde auf bzw. unter glühenden Kohlen Mengen an Birkenteer gewinnen konnten, die für die Schäftung von Steinwerkzeugen ausreichend waren. Damit war der Beweis erbracht, dass die Herstellung von Birkenteer auch ohne Keramikgefäße möglich ist.

Chemisch gesehen ist Birkenteer ein Gemisch aus flüchtigen Bestandteilen der Birkenrinde. Dabei sind Betulin, Betulinsäure und Lupeol, die chemisch eng verwandt sind und zur Gruppe der Terpene gehören, Hauptbestandteile. Der Nachweis von Betulin, das für die weiße Farbe der Birkenrinde verantwortlich ist, ist spezifisch für Birkenpech und das wichtigste Unterscheidungsmerkmal gegenüber Teeren, die aus anderen Rindenarten hergestellt wurden.
Der Herstellungsprozess und die Verwendung von Birkenteer und verwandtem Produkten ist eine der ältesten Technologien der Menschheit und durchlief über Jahrtausende einen Entwicklungsprozess, der immer noch nicht abgeschlossen ist. Schon in der Steinzeit wurde Birkenteer nicht nur als Klebstoff verwendet. Es finden sich auch Kauspuren an Teerfundstücken, wobei nur darüber spekuliert werden kann, ob damals schon Birkenpech auch für medizinische Zwecke eingesetzt wurde. In der Antike und im Mittelalter wurde Birkenpech zum Abdichten von Schiffen verwendet. In der Neuzeit wurde Birkenteer zur innerlichen Anwendung gegen Würmer und äußerlich als Abwehrmitteln gegen Gelsen und andere Insekten empfohlen.

Derzeit kommt Birkenteer vor allem in Salben zur Behandlung von Hautkrankheiten zum Einsatz. Durch die aktuelle Forschung zur Verwendung von einzelnen Bestandteilen des Birkenteers und der Birkenrinde, könnte sich in Zukunft ein weites Anwendungspektrum ergeben. Geforscht wird vor allem zum Einsatz von Betulin in der Krebstherapie, da es bei Tumorzellen den Prozess der Apoptose, dem Zelltod, hervorrufen kann, sowie zu seiner antiviralen und entzündungshemmenden Wirkung und zum Einsatz in Biopolymeren.

Der Steinzeitwerkstoff Feuerstein

Martin Madera
10.05.2019

Was ist Feuerstein?

Feuerstein, auch Flint oder Silex genannt, besteht aus Quarz (SiO2 . H2O – Silizium Dioxid mit Kristallwasser), dem Anhydrid der Kieselsäure. Feuerstein hat damit chemisch die gleiche Zusammensetzung wie Quarzsand oder Bergkristall. 
Die unterschiedlichen Färbungen kommen durch Einschlüsse von Metallen und Metalloxiden. Feuerstein wird z.B. durch Hämatit intensiv rot gefärbt.

Schwarzer Feuerstein bekommt meist durch Kohlenstoffeinschlüsse seine Farbe. Anders als Glas, das amorph, also ohne Kristallstruktur ist, besteht Feuerstein hauptsächlich aus Calcedon, einer mikrokristallinen, faserigen Form von Quarz. Weitere Bestandteile des Feuersteins sind Achat und Opal, sie haben dieselbe chemische Zusammensetzung wie Feuerstein, nur eine andere Kristallstruktur.

Wie entsteht Feuerstein?

Gebildet wurden die meisten Feuersteinlager in marinen Ablagerungen der Kreidezeit, dem Jura oder dem Tertiär. Durch Auflösung von Skeletten von Diatomeen (Kieselschwämmen und Kieselalgen), ist Kieselgel bzw. Kieselsäure entstanden. Aus dem Kieselgel wurde über Jahrmillionen Wasser abgespalten und es bildete sich der Feuerstein. 
Die Wasserabspaltung erfolgt dabei von innen nach außen. Dadurch ergibt sich die häufig zu beobachtende Struktur mit einer weißlichen äußeren Schale, die leicht zu bearbeiten ist und in der der Wassergehalt deutlich höher ist als im Inneren der Feuersteinknolle.

Welche Eigenschaften hat Feuerstein?

Feuerstein ist mit einer Härte von 6,5 – 7 so hart wie Bergkristall, aber durch das mikrokristalline Gefüge leichter spaltbar und so besser für die Herstellung von Werkzeugen geeignet. Im Gegensatz zu Kristallen hat der Feuerstein keine Vorzugs-Spalt-Richtung. Wenn auf den Feuerstein mit einem Werkzeug geschlagen wird, laufen dadurch Impulswellen kreisförmig von der Schlagstelle weg durch den Stein und es kommt zum typischen muschelförmigen Bruch.

Wofür wurde Feuerstein verwendet?

Feuerstein wird als „Stahl der Steinzeit“ bezeichnet. Seine extrem scharfen Bruchkanten machen ihn ideal für den Einsatz als Messer, Beil, Schaber oder Pfeilspitze. Dadurch, dass sich Feuerstein gezielt bearbeiten lässt, lassen sich Klingen in der gewünschten Form herstellen und nach deren Gebrauch auch wieder nachschärfen.

Schon seit der Altsteinzeit haben unsere Vorfahren Feuerstein als idealen Werkstoff für Schneidewerkzeuge verwendet. Feuerstein ist an den frischen Bruchkanten so scharf wie Rasierklingen und steril. Durch den welligen, scharfen und exakten Schnitt, verheilen Wunden besser als mit Stahlklingen. 
Steinzeitliche „Schädeloperationen“ hatten eine 80% Überlebensrate, wie aus Schädelfunden und den Knochenverheilungen hervorgeht und waren damit bereits erfolgreicher als im Mittelalter. 
Sogar in der heutigen Zeit setzen Schönheitschirurgen Feuerstein-Skalpelle bei Operationen ein.

Eine weitere Anwendung bis in die Gegenwart findet Feuerstein im Volksglauben. Sogenannte Hühnergötter, Feuersteine mit Loch, wurden und werden mancherorts auch heute noch im Volksglauben  gegen allerlei Übel bei Mensch und Tier eingesetzt. Bauern haben die Steine auf Eiterbeulen der Tiere gebunden, bis die Beulen ausgeheilt waren.

Feuerstein zum Feuermachen?

Der Name „Feuerstein“ lässt vermuten, dass Feuerstein zum Feuermachen verwendet wurde. Das ist nur bedingt richtig. Wenn zwei Feuersteine aufeinander geschlagen werden, entstehen zwar Funken und die Schlagflächen riechen etwas verbrannt, aber die Funken haben nicht genug Energie, um zum Beispiel einen Zunderschwamm zum Glimmen zu bringen. Nur wenn der Feuerstein auf ein eisenhältiges Gestein, wie zum Beispiel Pyrit (chemische Formel: FeS2 – Eisensulfid; Trivialnamen dafür sind Katzengold, Eisen- oder Schwefelkies) geschlagen wird, entstehen Funken mit ausreichend Energie, um damit ein geeignetes Material zum Glühen bringen zu können. Dabei spielt aber der Feuerstein eine untergeordnete Rolle – das Funkenschlagen aus Pyrit gelingt z.B. auch durch Schlagen mit Stahl.

Woher?

Aufgrund von Einschlüssen z.B. von Resten von einstigen kleinen Lebewesen, aber auch der chemischen Zusammensetzung, z.B. dem Sauerstoffgehalt, lässt sich der Ursprungsort von Silex heute sehr exakt feststellen.
Im Gerlhamer Moor hat man eine Pfeilspitze aus einem Steinbruch am Gardasee (IT) gefunden. Einige Feuersteinwerkzeuge aus den Pfahlbaustationen Seewalchen und See am Mondsee wurden aus Beiersdorfer oder Berndorfer (Bayern, D) Plattensilex gefertigt. Feuersteine wurden aber auch über noch weitere Strecken gehandelt. Doch zeigten Untersuchungen, dass nur 3,4 % eindeutige Feuerstein Importe sind, die restlichen Feuersteine zur Herstellung von Gerätschaften sind regionalen Ursprungs.
Eine Feuersteinlagerstätte wurde 2008 in der Nähe des Mondsees im Oberalm-Revier gefunden.