Steinbeile: Anforderungen an das Material

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Fragt man jemanden nach den notwendigen Eigenschaften des Materials für ein Steinbeil, würde die Antwort wahrscheinlich lauten: Es muss hart sein.
Schaut man sich die in der Steinzeit verwendeten Gesteine für Steinbeile jedoch genauer an, stellt man fest, dass die vorwiegend eingesetzten Serpentinite von einem Steinmetz als weiches Gestein klassifiziert würden.
Serpentinite sind grünliche bis schwarze Umwandlungsgesteine, die in den aus den Zentralalpen kommenden Flüssen wie z.B. der Salzach als Geröll zu finden sind.
Was ist es also, das ein Gestein für ein Steinbeil geeignet macht?
Schaut man sich an, was beim Fällen eines Baums mit einem Steinbeil passiert,  sieht man, dass neben der Deformation des Baumes auch das Steinbeil deformiert wird, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß. Diese Deformation (Stauchung) des Steinbeils bedeutet für den Stein eine Beanspruchung bis an die Grenzen des inneren Zusammenhalts. Diese Deformation kann elastisch erfolgen, d.h. dass das Material nach der Deformation seine ursprüngliche Gestalt wieder einnimmt oder plastisch, d.h. das Material (die Klinge) wird dauerhaft deformiert. Im letzteren Fall kann der Werkstoff mehr Energie aufnehmen, allerdings bedeutet das auch, dass die Klinge schneller stumpf wird.
In der Werkstofftechnik spricht man von der Zähigkeit eines Materials, im allgemeinen ist die Zähigkeit der Gesteine bzw. Minerale desto höher je niedriger die Härte ist. Beispielsweise ist der Wert für Serpentin 10 bis 20 mal so hoch als derjenige von Quarz.
Eine Sonderstellung nehmen die Beile aus Jade ein, die jedoch auf Grund des wertvollen Materials (Import von der jungsteinzeitlichen Abbaustelle am Monte Viso in Norditalien) wohl eher als Zeremonial- bzw. Prunkbeile Verwendung fanden. Jade weist auf Grund der faserförmigen Struktur des Materials sowohl hohe Härte wie Zähigkeit auf und stellt einen besonders geeigneten Rohstoff dar. Beile aus Jade waren im westlichen Mitteleuropa bis zu den Britischen Inseln häufig, in der Sammlung Much der Universität Wien (463 Steinbeile von der Station See/Mondsee) gibt es davon jedoch nur ein einziges Exemplar.
In Summe bedeutet das, dass das für das Beil verwendete Gestein eine gewisse Elastizität besitzen muss, um den Schlag ohne zu zersplittern auszuhalten. In der Materialkunde spricht man von der Eigenschaft Schlagzähigkeit eines Materials.
Die Steinzeitleute werden in der Auswahl des Materials bevorzugt das vor Ort vorhandene Gestein ausgewählt haben und hinsichtlich Brauchbarkeit nach „Trial and Error“ vorgegangen sein.

Verwendete Literatur:
Catrin Kammer, Ulrich Kammer: Werkstoffkunde für Praktiker, Verlag Europa-Lehrmittel Nourney Vollmer 2017, Düsselberger Straße 23, D-42781 Haan-Gruiten
Martina Kölbl-Ebert: Gesteinskunde – Skript für die Übungen zur Dynamik der Erde, Fachbereich Geowissenschaften, Universität Tübingen 2017
Johannes Müller: Die Jungsteinzeit, in: S. V. Schnurbein (Hrsg.), Atlas der Vorgeschichte : Europa von den ersten Menschen bis Christi Geburt S. 58-105, Verlag Theiss, Stuttgart 2014.
Violetta Reiter: Die Steinbeile vom Mondsee/Station See (OÖ) aus der Sammlung Matthäus Much, Diplomarbeit Universität Wien 2011
https://www.epigem.de/themen/was-ist-jade.html

Der Bronzezeitliche Kupferbergbau am Mitterberg bei Bischofshofen

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Im Salzburgischen, am Mitterberg im Hochköniggebiet, befindet sich die mächtigste Kupfererzlagerstätte der Ostalpen. Ab der mittleren Bronzezeit bis zur Eisenzeit wurde dort mit einfachsten Mitteln Erz gefördert und Kupfermetall erschmolzen.
Kupfer vom Mitterberg ist in Bronzegegenständen in ganz Mitteleuropa zu finden, zum Beispiel konnte das Metall der Himmelsscheibe von Nebra dieser Lagerstätte zugeordnet werden.
Anhand der jetzt noch ersichtlichen Spuren ist es möglich, die Vorgangsweise bei der Erzgewinnung und -verhüttung in der Bronzezeit nachzuvollziehen.
Frühbronzezeitliche Abbaustellen sind z.B. oberhalb des Arthurhauses, von Mühlbach am Hochkönig über eine Straße erreichbar, in Form einer Anzahl von eingestürzten Gruben (in der Bergbausprache Pingen genannt) zu sehen.
Zur Gewinnung des Erzes wurde die sogenannte Feuersetztechnik angewandt, d.h. in der Grube wurde ein Holzfeuer entzündet und damit das umgebende Gestein mürbe gemacht. Später, als die oberflächennahen Erzvorkommen ausgebeutet waren, folgten die bronzezeitlichen Bergleute den Erzgängen bis tief in den Berg hinein (man konnte sich lange Zeit nicht vorstellen, dass die bis 200 m unter der Erde befindlichen Stollen bronzezeitlich sein könnten) und bauten das Erz mit Bronzepickeln ab, da die Feuersetztechnik tief im Berg nicht mehr einsetzbar war.
Das erzhaltige Gestein wurde sodann mit Schlagsteinen zerkleinert und mit Hilfe von Mahlsteinen zu einem Pulver von Mehlfeinheit gemahlen.
Bei einer geschätzten Produktion von insgesamt 24.000 t Kupfer bis zur Eisenzeit und einem Kupfergehalt im Erz im einstelligen Prozentbereich kann man sich vorstellen, welch große Anzahl an Menschen damit beschäftigt gewesen sein muss.
Das feingemahlene Erz wurde sodann in Holzkästen geschlämmt, wobei das schwerere Erz im Wasserstrom am Boden liegen bleibt und das taube Gestein weggeschwemmt wird. Eine dazu verwendete Vorrichtung aus Holz wurde vollständig erhalten im Moor am Troiboden oberhalb des Arthurhauses gefunden.
Die Verhüttung des in der Schlämmvorrichtung aufkonzentrierten Erzes erfolgte in kleinen abwechselnd mit Erz und Holz beschickten Schachtöfen, das erhaltene 90%ige Kupfer wurde zur weiteren Reinigung zusätzlichen Schmelzzyklen unterworfen.
Mit dem Aufkommen des Eisens ab dem 10. Jahrhundert v. Chr. verlor Kupfer bzw. Bronze an Bedeutung, soweit, dass der Kupferbergbau am Mitterberg eingestellt und im Mittelalter vollständig vergessen wurde. Die Wiederauffindung und Inbetriebnahme erfolgte im 19. Jh. Es wird erzählt, dass ein Bauernbub das goldglänzende Mineral Kupferkies in einem Bach gefunden und gedacht hätte mit einem Goldfund sein Glück gemacht zu haben.
Der Bergbau wurde im Jahr 1977 auf Grund der damals niedrigen Weltmarktpreise für Kupfer eingestellt.
Übrigens, es lohnt sich, das Museum des sehr rührigen Bergbauvereins in Mühlbach am Hochkönig zu besuchen!

Verwendete Literatur:
Gerhard Feitzinger, Wilhelm Günther, Angelika Brunner: Bergbau- und Hüttenaltstandorte im Bundesland Salzburg, Verlag Land Salzburg 1998
Erica Hanning, Hannes Herdits & Elena Silvestri: Alpines Kupferschmelzen _ technologische Aspekte, VML Verlag Marie Leidorf, Bochum 2015
Karl B. Matz: Die Kupfererzlagerstätte Mitterberg (Mühlbach am Hochkönig, Salzburg) in Mitteilungen der Abt. Mineralogie des Joaneums, S. 7-19, Graz 1953
Ernst Pernicka, Joachim Lutz, Thomas Stöllner: Bronze Age Copper Produced at Mitterberg, Austria, and its Distribution, in: Archaeologia Austriaca, Band 100/2016, S. 19–55, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien, 2016
Thomas Stöllner, Elisabeth Breitenlechner, Clemens Eibner, Rainer Herd, Tobias Kienlin, Joachim Lutz, Alexander Maass, Kurt Nicolussi, Thomas Pichler, Robert Pils, Klaus Röttger, Baoquan Song, Nadine Taube, Peter Thomas, & Andrea Thurner: Der Mitterberg – Der Großproduzent für Kupfer im östlichen Alpenraum während der Bronzezeit in: Goldenberg, Gert, Töchterle, Ulrike, Oeggl, Klaus, Krenn-Leeb, Alexandra: Neues zur Bergbaugeschichte der Ostalpen S.113-144, Verlag Österreichische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte, Wien 2011

Kupfer: Die erste Nutzung eines Metalls in der Menschheitsgeschichte

Ein Bericht von Hartmut Rüf

Ötzi`s Kupferbeil hat uns in Erinnerung gerufen, dass es zur Zeit des steinzeitlichen Eismannes bereits Anfänge der Metallnutzung gab.

Einzelne Kupfererze wie die Halbedelsteine Malachit (grün) und Azurit (blau) wurden als Schmuckstein und gemahlen als Farbpigment bereits seit dem 11. Jahrtausend v.Chr. genutzt. Die erste Quelle waren jedoch Vorkommen von metallischem Kupfer; das älteste Artefakt daraus stammt aus dem 9. Jahrtausend v.Chr. Das Metall wurde damals durch Hämmern kalt bearbeitet, der Kupferguss war noch nicht bekannt.

Die Herstellung des Metalls aus seinen Erzen wie dem oben genannten Malachit bzw. Azurit gelang, sobald in einem Ofen genügend hohe Temperaturen erzeugt werden konnten. Die ersten Belege davon in Form von Schlackenresten stammen aus der Zeit um 5000 v.Chr., etwa gleichzeitig vom Balkan (aus der sogenannten Vinča-Kultur) und aus Südwestasien. Es ist somit in diesem Fall möglich, dass eine bedeutsame kulturelle prähistorische Entwicklung ihren Ausgang nicht in Vorderasien, sondern in Europa genommen hat.

Es vergehen wiederum über tausend Jahre, bis die Kupferverhüttung ihren Weg vom Balkan nach Mitteleuropa findet. In der Mondseekultur sind Kupfergegenstände bereits weit verbreitet, der Fund von Gusslöffeln beweist, dass es sich dabei um keine Importprodukte handelt.

Die ältesten bekannten Abbaustellen von Kupfererzen in Österreich befinden sich in Tirol im Raume von Brixlegg, dort  wurde Kupfer aus sogenannten Fahlerzen erschmolzen, deren Arsen- bzw. Antimongehalt dem erzeugten Kupfer eine Härte verleiht, die der Bronze nahekommt (Arsenbronze).

Die Verhüttung von Kupferkies, dem Erz, wie es z.B. am Salzburger Mitterberg und in der Toskana vorliegt, gelang hingegen erst in der Bronzezeit nach großen Fortschritten in der Konstruktion und Temperaturführung der Schmelzöfen. Der Bergbau und die Schmelzöfen am Mitterberg wurden zu dieser Zeit zu einem europäischen Zentrum der Kupfergewinnung. Das dort gewonnene Kupfer wurde hauptsächlich zu Bronze weiterverarbeitet, einer Legierung mit 10 – 15% Zinn, die gegenüber reinem Kupfer leichter verarbeitbar ist und eine wesentlich höhere Härte aufweist.

Ab dem 10. vorchristlichen Jahrhundert übernahm Eisen weitgehend die Rolle der Bronze als Werkstoff. Bis in die Neuzeit wurde nur mehr Kupfer bzw. Bronze verwendet, wenn neben Festigkeit auch Haltbarkeit gefragt war.

Der gewaltige heutige Anstieg des Kupferverbrauches erklärt sich wegen einer zuvor nicht gefragten Eigenschaft, der guten elektrischen Leitfähigkeit des Metalls.

 

Verwendete Literatur:

Blagoje Govedarica: Das Phänomen der balkanischen Kupferzeit.
In:
Bernhard Hänsel und Wolfram Schier (Hrsg.) Prähistorische Archäologie In Südosteuropa Band 30, S.11-22 Verlag Marie Leidorf Gmbh  Rahden/Westf. 2016
Ernst Pernicka and Carolin Frank: Copper artifacts of the Mondsee group and their possible sources. In: Midgley, M.S. & J. Sanders (eds)  Lake Dwellings after Robert Munro, 113-138, Leiden: Sidestone Press 2012
B.Höppner, M. Bartelheim, M. Huijsmans, R. Krauss,  K.-P. Martinek,  E. Pernicka  and R. Schwab: Prehistoric Copper Production In The Inn Valley (Austria), And The Earliest Copper In Central Europe, Archaeometry 47, 2 (2005) 293–315
Eva Rosenstock, Silviane Scharl, Wolfram Schier:  Ex oriente lux? – Ein Diskussionsbeitrag zur Stellung der frühen Kupfermetallurgie Südosteuropas Martin Bartelheim, Barbara Horejs, Raiko Krauß (Hrsg.): Von Baden bis Troia, Ressourcennutzung, Metallurgie Und Wissenstransfer,  S. 59-122, Verlag Marie Leidorf Gmbh  Rahden/Westf. 2016
Bastian Asmus: Das älteste Kupfer der Welt, Archeometallurgie.de